Das Marktumfeld

Das Thema „Künstliche Intelligenz“ und die Hoffnung auf die ersten Zinssenkungen durch die Notenbanken waren die bestimmenden Themen an den Kapitalmärkten im ersten Halbjahr 2024. Vor allem die Technologieunternehmen zählten zu den Treibern der großen Indizes und bescherten vor allem den großen Aktien der etablierten Märkte eine überdurchschnittliche Wertentwicklung. Gestützt durch gute Unternehmensergebnisse konnten amerikanische und europäische Aktien ihren positiven Trend aus dem Jahr 2023 fortsetzten und Aktienmarktrücksetzer wie im April wurden tendenziell eher nachgekauft als zur Risikoreduzierung genutzt.

Eine weitere Säule des aktuell positiven Marktumfelds ist die konjunkturelle Stimmung. War im Jahr 2023 mehr oder minder die USA der Wachstumstreiber der Weltwirtschaft, so kommt nun auch die Konjunktur der Eurozone allmählich wieder in Schwung. Die „Stagnation“ im Jahr 2023 ist überwunden und das zarte Pflänzchen Aufschwung wurde mit einem Wachstum von 0,3 % im 1. Quartal gesetzt. Die Umfragen bei den Einkaufsmanagern erholten sich in den letzten Monaten und wecken die Hoffnung, dass sich das Wachstum in Europa festigen könnte. Für 2024 rechnen die Analysten für die Eurozone mit einem Wachstum von 0,8 % für das Gesamtjahr.

In den USA deuten die Indikatoren aktuell auf eine Abkühlung der US-Konjunktur hin. Das BIP-Wachstum verlangsamte sich dieses Jahr, wobei die Konjunktur aufgrund der expansiven Fiskalpolitik der USA nur langsam an Schwung verliert. Die US-Regierung gibt augenblicklich viel Geld aus und fördert durch steuerliche Anreize Unternehmen aus dem In- und Ausland zur Investition in den USA.

Ein Wermutstropfen für die Kapitalmärkte war die so nicht erwartete restriktive Geldpolitik der Notenbanken. Erwarteten die Marktteilnehmer zu Beginn des Jahres bis zu sieben Zinsschritte durch die US-Notenbank, so bröckelte dieser Glaube im Laufe des ersten Halbjahrs zusehends und die Zinssenkungseuphorie entwich in steigenden Zinsen und nachgebenden Anleihekursen. Der doch langsamere Rückgang der Inflation in den westlichen Regionen zwang die Notenbanken auf ihrem restriktiven Gaspedal zu bleiben und die ersten Zinsschritte zeitlich nach hinten zu schieben. Zumindest die europäische Notenbank hat mit ihrem Zinsschritt im Juni ein erstes Zeichen gesetzt in welche Richtung die Geldpolitik der nächsten Monate gehen könnte.

Als Damoklesschwert gelten derzeit die anstehenden Regierungs- und Parlamentswahlen, wobei die Vergangenheit zeigt, dass politische Börsen oft „kurze Beine“ haben und deshalb zeitlich begrenzt auf die Kapitalmärkte Einfluss nehmen. Dennoch kann die Schwankungsintensität durch politische Ereignisse zunehmen. Wichtig wird es sein, dass Unternehmen Planungssicherheit erhalten, um Investitionen nachhaltig tätigen zu können.

Aktienmarkt

Aktienanleger können sich im ersten Halbjahr 2024 über schöne Zuwächse freuen. Vor allem in den USA ziehen die großen Tech-Giganten wie Microsoft, Nvidia oder Meta (Facebook), die Indizes nach oben. „Künstliche Intelligenz“ versetzt die Technologiebranche in einen wahren Hype und je näher ein Unternehmen diesem Thema steht desto mehr Kursphantasie wurde dessen Aktie in der jüngsten Vergangenheit zugesprochen. Dennoch scheint sich hier die Spreu vom Weizen zu trennen, da nicht erfüllte Analystenerwartungen bei Aktien der zweiten Reihe teilweise zu deutlichen Kursstürzen führten. Auch in Europa gehörten Technologie- aber auch Industrieunternehmen zu den Branchenprofiteuren. Zudem konnten Banken im Umfeld der gestiegenen Zinsen gute Geschäftszahlen präsentieren. Vor allem in den Hauptindizes zeigt sich mittlerweile eine zunehmende Konzentration der Gewinner. Dies sieht man vor allem bei amerikanischen Indizes, wie dem S&P 500 bei dem über 60% der Wertentwicklung im laufenden Jahr auf das Konto von sieben Unternehmen geht. Die übrigen 493 Unternehmen trugen zum Rest der Gesamtentwicklung bei.
Unter politischen Unsicherheiten und Währungsabwertungen litten bisweilen die lateinamerikanischen Aktienmärkte, wie z.B. Brasilien und Mexico. Deutlich besser liefen die Märkte in Asien und stützte damit die Wertentwicklung der Emerging Markets.

Für Aktien lassen sich in Gänze folgende Aussagen zusammenfassen: Unternehmen aus dem Bereich Large-Cap entwickelten sich besser als Small-Caps und Growth-Titel besser als Value-Titel. Mit Rückenwind einer etwas expansiveren Geldpolitik durch anstehende Zinssenkungen könnten hier jedoch eventuelle Opportunitäten Richtung 2025 entstehen.

Rentenmarkt

Das im Halbjahresbericht 2023 beschriebene „Goldilocks-Szenario“ der Anlageklasse Anleihen wurde nach fulminantem Start im 4. Quartal 2023 relativ schnell wieder auf Eis gelegt. Inflationszahlen, deren Rückgang zur Zielmarke von 2 % immer zäher wurde, haben die Notenbanken zu mehr Vorsicht übergehen lassen. So wurden im Jahr 2024 erwartete Zinssenkungen teilweise wieder ausgepreist. Die daraus resultierenden Kursbelastungen konnten nur durch Abnahme von Risikoaufschlägen etwas abgemildert werden mit dem Ergebnis, dass sich Staatsanleihen schwächer entwickelten als risikoreichere Unternehmensanleihen.
Dennoch bleiben vor allem kurze und lange Laufzeiten weiter interessant. Mit kurzen Anleihen können aktuell circa 4 % bei Unternehmensanleihen und etwa 3 % bei Staatsanleihen ohne großes Zinsänderungsrisiko vereinnahmt werden. Ähnliche Renditen werden auch bei langen Laufzeitsegment von mehr als zehn Jahren generiert. Sobald die Notenbanken weitere Zinssenkungen folgen lassen, sollten länger laufende Anleihen durch die höhere Laufzeitbindung davon profitieren können. Auch der hochliquide Geldmarkt bietet aktuell zumindest für kurzfristig agierende Anleger mit 3,5 % eine attraktive Basis.

Währungen und Rohstoffe

Am Devisenmarkt zeigte sich eine differenzierte Entwicklung: Gegenüber dem amerikanischen Dollar wertete der Euro um knapp 3% ab. Die erste Zinssenkung der EZB im Juni und die politischen Unsicherheiten in Frankreich ließen den Dollar stärker werden. Generell bewegt sich dieses Währungspaar in einer Spanne von 1,05 und 1,12 tendenziell seitwärts. Schwächer zeigte sich der Euro gegenüber dem britischen Pfund mit knapp 3%, während der Yen um knapp 11% gegenüber dem Euro abwertete. Zum Schweizer Franken verteuerte sich unsere Gemeinschaftswährung um circa 4%.

Gold konnte um circa 16% aus Sicht eines Euro-Investors zulegen und stellt durch seine Korrelationseigenschaften weiterhin eine sinnvolle Diversifizierungsmöglichkeit in einem klassischen Renten- und Aktienportfolio dar.

Ausblick

Auch wenn die Bewertung vieler Technologiewerte mittlerweile als teuer zu sehen ist, so gelten Aktien in Gänze als fair bewertet. Europäische und vor allem japanische Aktien notieren unter ihrem historischen Bewertungsniveau. Auch die Schwellenländer gelten als eher günstig und könnten perspektivisch von nachgebenden Zinsen profitieren. Einzig die US-Titel sind aktuell überbewertet, wobei die Wachstumsdynamik und Innovation klar in US-Unternehmen liegt, was einen Bewertungsaufschlag durchaus rechtfertigen könnte.
Das Thema geopolitische Risiken sollte man jedoch nicht außen vor lassen. Der Ukrainekonflikt ist nach wie vor nicht gelöst, die Konfrontation im Nahen Osten scheint sich durch einen neuen Konflikt im Libanon eher auszuweiten und populistische Wahlen können das Staatsparkett rutschig werden lassen. Die Unsicherheiten sind nach wie vor gegeben. Deshalb ist eine Evaluierung des Dreigestirns Kapitalmarkt, Konjunktur und Politik bzw. eine Ableitung auf das Rendite-Risiko-Profil bei der Anlage sehr wichtig. Dabei gilt eine ausgewogene Positionierung mittels global ausgerichteter Anlageklassen als breiter Mix weiter als empfehlenswert, um zufriedenstellende Erträge generieren zu können.

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